Re: Gabaldong


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Abgeschickt von Martine am 27 September, 2000 um 11:10:57:

Antwort auf: Re: Verderben und Gabaldon von Sylvie am 26 September, 2000 um 20:39:36:

Hallo Dunnetties,

Jetzt muß ich mich doch mal ausmähren... wenn ich schon nichts reden kann, kann ich wenigstens was schreiben....
--- Und bitte nix werfen, ich bin schwer verletzt.....

Auf Arbeit und im Bekanntenkreis gibt es zur Zeit den "Gabaldon-Hype".
Und ich muß sagen, es geht mir auf die Nerven!

Nicht daß ich jemand vorschreiben will, was oder wen sie nun lesen soll, aber...
... abgesehen davon daß Gabaldon nun wirklich leichte Kost ist, und so zwischendrin verzehrt werden kann, - warum auch nicht, schließe ich mich Heike an, ich gehöre nun mal nicht zu den Leuten, die glauben, daß sie eine aussichtsreiche Kandidatin für den Literaturnobelpreis ist. Und dazu finde ich daß viel zu viel über sie geredet wird.(Was tu ich hier?)

Ich habe ja nun das erste Buch ganz und das zweite halb gelesen. Und ich kann einfach nicht finden, daß diese Autorin soooo toll ist (hab es auf Englisch gelesen) Und nein, es ist nicht das Beste, was jemals geschrieben wurde. (O-Ton der mich umgebenden Jüngerinnen). Es ist am Anfang ganz amüsant und man liest es über alle Ungereimtheiten so weg. Wenn mich jemand fragt, ob ich einen Schmöker empfehlen könne, bei dem man sein Hirn nicht übermäßig anstrengen muß: voilà...

Hat jemand von Euch mit 13/14 auch die Angelique-Bücher gelesen? Damals fanden wir die doch auch alle gut, dieses leicht Erotische, nett verpackt in einen "historischen" Rahmen aus Intrigen und Abenteuer. Nein, schämen, tu ich mich nicht dafür. aber heute würde mich das nicht mehr vom Hocker reißen. Gabaldon hat mich sehr stark an Golon erinnert. Lesestoff für Tage, an denen man nur wirklich leichte Lektüre braucht, Fluchthelferbücher- das war's dann schon.

Nun gibt es in meinem Leben zwei große "Lieben" die eine ist Frankreich, die andere wohl Dunnetts Bücher. Beide implizieren etwas was mir die gute Gabaldon sehr schnell bitter werden ließ.

Erstens: ihr Frankreichbild.
Zweitens: die dürftige Darstellung französischer Geschichte.
Und drittens: ihr Schottlandbild, in dem Schottland mit der Highlander-Tartan-Gälisch-Folklore gleichgesetzt wird.

Ja, besonders gegen den Strich gingen mir diese grauenhaften ethnischen Klischees. Die Franzosen alle Erotomanen; - nun , ich weiß, sie reden unheimlich gerne über Sex aber sie reden auch gerne übers Essen und noch lieber reden sie über Politik, Ihre Familien, Ihre Haustiere, ihren Garten, ihre Arbeit und und und,.. und darin unterscheiden sie sich höchstens in der Sprache von ihren nationalen Nachbarn.

Bei Gabaldon ist Frankreich bevölkert von Adeligen mit seltsamen Hobbies (die sich meist auf deren Unterleib und deren Libido beziehen) und armen, unterdrückten rechtlosen, dafür aber rechtschaffenen Bürgern. Über das, was eigentlich in dieser Zeit vorgeht erfahren wir nichts. Wir erfahren nichts über die Anstrengungen Frankreichs, seinen Anteil am kolonialen Kuchen zu kriegen, unter anderem ein Grund warum für Bonnie Charlie Pretender keine Kasse da war. Wir erfahren nichts über die sehr selbstbewußten Handwerker- und Bürgergilden in den Städten, die sehr wohl eine Machtposition ausbauten, ohne die die Revolution nur eine kurze Hungerrevolte gewesen wäre. Nein, da wabern nur dunkle Vorahnungen durch die Pariser Gassen.

Nichts ist da über Frankreichs erste Manufakturen, seine wirtschaftliche Revolution, die früher als 1789 begann. - Aber lassen wir das... es geht zu sehr ins Detail und wird für euch langweilig....

Und dann neben dem ganzen Folklore-Rummel, (man könnte meinen sie hat ihr Europabild aus Disneyland) kommen die gar zu dürftigen Charaktere dazu. Alle so gradlinig, und voraussagbar wie die Abfolge von Bahnschwellen zwischen zwei Gleisen.

Nur noch was zum Schottlandbild. Wer Dunnett gelesen hat, weiß etwas mehr, als daß die Schotten alle Kilts und Tartanplaids tragen. Ok, das muß man ja nicht wissen um wirklich glücklich zu werden, es sei denn gute Geschichtskenntnisse in bestimmten Epochen machen einen glücklich.
Aber im Gegensatz zu Gabaldon wird hier nicht so ein neues Tourismusimage aufgebaut, mit dem wahrscheinlich nur die schottische Souvenirindustrie glücklich wird.

Ich warte eigentlich nur noch darauf, daß im Gefolge das großen Gabaldon-Hypes, Gabaldon-Touren von Neckermann-Reisen angeboten werden. So à la "besuchen sie das romantische Schottland, bestaunen sie die natürlichen Wilden in ihren bunten Schottenröcken, hüpfen sie durch Steinkreise...und alles für 1999,-- Mack Vollpension für 14 Tage".

Arggghhhh!

Martine
macht sich unbeliebt



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