Re: @martine und viele fragen an den rest der DDwelt


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Abgeschickt von Chris am 04 Juni, 2002 um 23:49:31

Antwort auf: @martine und viele fragen an den rest der DDwelt von Sigrid Markl (die chérubin-schreiberin) am 02 Juni, 2002 um 18:50:50:

Hallo Sigrid,

auch von mir ein paar Antworten:

: Was fesselt einem/eine an einem buch?
: Die dinge, die einem fremd sind oder die dinge, in denen man sich/lebenssituationen wiedererkennt?

Beides: Mich fesseln erst einmal die Situationen oder inneren Drehbücher, in denen ich mich erkenne, oder in denen ich einen "Schlüssel" finde (manchmal geht der Weg über die Neugier, in Fremdem erkenne ich Vertrautes) wenn dieser Schlüssel mich zu neuen Dingen, vielleicht sogar Erkenntnissen führt, wird es aufregend. Lesen ist ja immer ein Aufbruch, ein Weg, also, denke ich, ist immer beides da, das Fremde und das Eigene und die Spannung dazwischen.

: Projeziert man wunschvorstellungen (z.b. die probleme einer renaissance-figur sind sooo viel interessanter als meine streitereien mit meinem chef etc...) hinein oder findet man in freuden etwas wieder (aha - die hatten also auch so ihre probleme)?

Ich glaube nicht, dass sich Menschen seit der Renaissance,z. B. tatsächlich verändert haben, d.h. in dem was zählt (Furcht, Neid, Mitleid, etc.,), d.h. die Figuren werden für mich rund, wenn ich meinen Chef in einem Söldnerführer oder einem buckelndenm intrigierenden Kardinal erkenne, wobei ein Heerlager im 16ten Jahrhundert mir doch etwas bunter erscheint als ein Großraumbüro, obwohl, das kommt aufs Buch an!

: Kann man sich in figuren verlieben (im wahrsten sinne des wortes oder enfach große sympathien hegen)?
: Kann man sie hassen?
: Wenn ja - warum? Schließlich sind sie ja nur "erfunden". Was haben solche - sehr persönlichen - gefühle mit dem leser/der leserin zu tun?

Oh Gott, ich persönlich habe die Macke, dass für mich dass, was ich lese oder im Film sehe sofort Realität wird, ich habe keinen Filter dazwischen. (Bei Filmen ist das so schlimm, dass ich psychologische Thriller oder Aktionfilme einfach nicht aushalte). Warum sollte ich mich also nicht in eine Romanfigur "verlieben"? Allerdings ist es nicht mehr ganz so schlimm wie in meiner Pubertät, als ich tagelange innere Dialoge mit Winnetou abhielt. Ich würde es auch eher ein "Verschmelzen" nennen, d.h. Identifikation. Und hassen? Aber ja. Damit quält ja gerade DD ihre Leser so sehr. Um in einem Buch "hängenzubleiben" brauche ich die Identifikation mit dem Protagonisten, die passiert ziemlich am Anfang, bzw. entscheidet, wie sehr ich in das Buch eintauche. Hänge ich aber erst einmal am Haken, lebe ich das Buch durch den Helden/Heldin, d.h. passiv, ich begleite bzw. folge. Begegne ich also auf diesem Weg meines mir freiwillig ausgesuchten Helden Figuren, die ihn quälen, nerven, durch ihre Ignoranz in den Wahnsinn treiben, tun sie das auch mit mir, mit dem Unterschied, dass ich mich noch weniger als der Held wehren kann. Ich kann nur weiterlesen und hoffen, dass dieser Idiot endlich bald zum Schweigen gebracht wird (umgebracht, geläutert, egal) oder das Buch in die Ecke pfeffern. Ich kenne keine Autorin, die mir auf diese elegante Weise den "Ring durch die Nase zieht" wie DD. Durch den "Hass" auf die Heerscharen von Ignoranten, Gutmenschen, Besserwisser, die DD's Helden umgeben schafft sie eine noch intensivere emotionale bindung als es die positive Faszination allein fertig bringen würde.

: Was unterscheidet romane, die "von der realität abheben" von allen anderen? Haben sie gemeinsamkeiten, auch wenn es sich um historie, fantasy, SF, horror handelt?

Joi, ich weiß nicht, außer dass ich alle 4 gerne lese, aber darüber hinaus auch noch jede Menge anderer Genres.

: Gibt es kreuz- und querschläger zwischen historien/fantasy etc.-romanleserInnen? Ich habe bei meinen recherchen viele verbindungen gefunden, bin mir aber nicht sicher, wie ich sie werten soll...

: Was fasziniert am geschichtlichen?

Die Möglichkeiten wie es gewesen sein könnte?

: Was fasziniert am fantastischen?

Die Möglichkeiten, wie es sein könnte?

: Wo hört sich der spass auf und es ist nur mehr mühsam?

Für mich wenn es nicht mehr spielerisch sondern zu belehrend wird, oder wenn etwas "bewiesen" werden soll. Beides lebt von der Spekulation, und da ist immer Spiel dabei.

: Gibt es eventuell etwas, das manche leserschaft bei realitätsorientierten romanen abstösst? [Mir persönlich geht es oft so, dass das thema von zuvielen alltagsdetails ertränkt wird, wohingegen ein distanzierter zugang (mit welchem stilmittel auch immer) den kern freilegt. Aber es gibt auch genies, die realität und aussage unter einen hut bringen können... (ich leider nicht).]

Auch hier kommt es für mich auf das Buch an. Ich lese z. B. auch gerne Anne Tyler oder Margaret Atwood, hm, zuviel Alltagsdetails, da denke ich eher an schlechte Dialoge in deutschen Fernsehserien.


Liebe Grüße
Chris

PS für Sigrid
Waren sehr interessante Fragen, hat Spaß gemacht!

PPS für Martine
Hausaufgaben gemacht!(*wischtsichdenSchweißvonderStirn*)


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