Und die Moral von der Geschicht' - unterschätze Dorothy Dunnett nicht....


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Abgeschickt von Birgit am 12 Maerz, 2005 um 20:46:25:

So, nun ist aber genug. Ich verspreche das Forum nun nicht mehr weiter zuzumüllen <g>.

Die Quintessenz meiner ganzen Beiträge ist eigentlich nur der Versuch aufzuzeigen, auf wievielen Ebenen Dunnett so funktioniert. Was man alles im übertragenen Sinn herauslesen kann. Und wie oft viele verschiedene Einzelthemen ineinandergreifen. In diesem Sinn sind auch die Odyssee Hinweise zu verstehen. Mal versteckt, mal deutlich, mal unterschwellig, mal direkt (in Form von Zitaten). Aber niemals heben sich die Ebenen gegenseitig auf, sie ergänzen sich geradezu perfekt. All die mythologischen Anspielungen in DD's Werk sind alles andere als lineary Nacherzählungen. So wird z.B. in Spring of the Ram die Argonautensage assoziiert, keinesfalls heißt das aber nun, daß Nicholas nun mit Jason gleichzusetzen sei. Oder bei Race of Scorpions, wo der komplette Aphrodite-Mythos und das Thema Fruchtbarkeit stets präsent sind und sich quer durch die Geschichte ziehen. Hier geht DD sogar so weit, daß sie Nicholas den Homerischen Hymnos direkt zitieren läßt... Aber all das ist nicht vorrangig das, was die Geschichte ausmacht. Sondern, wie bei den LC, ein weiterer Strang, der in die Handlung eingewoben ist, der mitschwingt und die Erzählung untermalt.
In diesem Sinn sehe ich z.B. schon Diccon Chancellor in der Rolle des Hermes (in übertragenem Sinn!) und auch Russland/Calypso's Insel macht so für mich Sinn. Lymond könnte sich in seinem Seelenzustand auch mitten in England aufhalten, er wäre dennoch der menschlichen Welt so fern wie nie. Die Topographie Russlands funktioniert natürlich noch besser, weil sich darin auch die Eiseskälte Lymonds (im übertragenen Sinn <g>), seine Erstarrung so trefflich ausdrücken läßt. Und Lymond so zu entmenschlichen (eines der zentralen Dilemata in Homer's Calypso Episode) beschreibt Güzel genauso wie auch Calypso, die eine will aus Geschäftsinteresse eine funktionierende, intellektuelle Maschine, einen "Gott" sozusagen, ohne Schwächen, den Voevoda Bolshoia; die andere, Calypso will aus Einsamkeit einen Gott aus dem Menschen Odysseus machen. Lymond und Odysseus gehen natürlich unterschiedlich mit der Problematik um. Odysseus will ja schließlich freiwillig wieder zurück, Lymond wird ja eher dazu gezwungen. Wie gesagt, es ist eben keine direkte Nacherzählung, Punkt für Punkt. Aber die großen, übergreifenden Themen, die klingen schon an, finde ich. In genau dieser Weise funktionieren ja auch all die Metaphern, ob es nun um Räume und persönlichen Raum geht oder das Leitmotiv von sunshine/brightness/warmth zu ice-water/darkness. Diesen uralten Gegensatz von Licht und Dunkel, von Helligkeit und Finsternis, von Wärme, von Leben in Kontrast zu Dunkelheit, Kälte und Tod hat DD ja auch schließlich nicht neu erfunden. Dieses Motiv zieht sich natürlich auch quer durch die Weltliteratur. Das Interessante hier ist aber, wie sie es auf ihre eigene Weise umgesetzt hat. Und das ist schon genial. Das zeichnet sie eben auch als anspruchsvolle Autorin aus. Die unglaublich vielen Anspielungen, die im Text versteckt sind, die sie in die Geschichte eingewoben hat, wie sie mit der Sprache umgeht, die vielen Ebenen die mitunter in einem einzigen Satz oder Zitat angesprochen werden. Die Nuancen die sich bei der Analyse fast jeden Wortes ergeben, all das macht ja auch den Versuch so schwer DD zu übersetzen. Wenn es nicht völlig unmöglich ist. Ich habe da so meine Zweifel. Aber das ist dann wieder ein anderes Thema....

Birgit



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