Respekt! ;-)


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Abgeschickt von Claudia am 12 Juni, 2006 um 21:32:56:

Antwort auf: Na warte! von Martine am 09 Juni, 2006 um 23:58:01:

: Liebe Martine

M : : Das nun dazu: %-)

C : (beeindruckter Kratzefuß) ich werde mir erlauben Deine Ausführungen etwas zu kürzen, sonst werden meine kleinen Kommentare die Mail noch länger machen. Jeder der sich für die ausführliche Darlegung zum Thema Gender/ Sex interessiert, sollte das vorhergehende Posting lesen.

M : : Ich habe zu den Männer- und Frauenfrage bei Dunnett eine eigene Theorie, daß sie nämlich einen recht interessanten wWssenschaftdiskurs vorweggenommen hat.
Dazu hier ein paar ungeordnete Gedanken.
Zuerst einmal: Wir Deutschen haben es schwer:
Wir haben für zwei Begriffe nur ein Wort: Geschlecht.

C : Naja, ich bin nicht so der Anhänger der Theorie, dass es Worte im Deutschen nicht gibt. Wie wäre es mit Geschlecht und Geschlechtsidentität? ;-) (Claudia im Besserwissermodus). Ich kenne die Diskussion, finde das generell sehr gut.


M : : Die Kategorien von sex und gender verweisen auf die Konstruktion der Geschlechtsidentität und kritisieren Vorstellungen von feststehenden und ursprünglichen Auffassungen von Natur, Geschlecht und Identität. Männlich =das Symbol des Geistigen und Technischen, der weibliche war das Symbol der Sterblichkeit, der Erotik, des Körperlichen;
C: Wurde nicht sogar diskutiert, ob Frauen denn auch eine Seele hätten? Und die merkwürdigsten Organe vermessen mir für Frauen nachteiligen Schlußfolgerungen?

M : : (...)
: : Auf deutsch: *Biologie als Schicksal* sozusagen.
: : Und natürlich damit auch Zweigeschlechtlichkeit als Schicksal. Oder was nicht die Norm ist, gibt es nicht...
: : Während "sex" also biologisch konnotiert war, wurde in der angelsächsischen Wissenschaft "gender" als Begriff für die sozialen und kulturellen Komponenten eingeführt. Das sollte ermöglichen die gesellschaftlich oder psychisch unterschiedliche Situation von Männern und Frauen als Ergebnisse historischer Entwicklung und politischer Entscheidungen und nicht als Konsequenz "natürlicher" Differenzen zwischen Männern und Frauen erscheinen zu lassen.
M : : Also müssen wir da mal wieder sagen, Madame D. war uns wieder mal eine Nasenlänge voraus. Als sie in den 60ern begann ihre Romane zu schrieben, war sie auf dem wissenschatlchen Qui vive, in GB und USA.

: Meinst Du, dass das rein wissenschaftlich war und nicht vielleicht einfach nur Lebenserfahrung?

Ich unterstelle DD- aufgrund Lesens Ihrer Romane- dass sie eine sehr gute Beobachterin war und ihr war anscheinend nichts menschliches fremd. Sie gehörte sicher nicht zu den Leuten, die die Augen zumachen und das was sie sehen, leugnen, weil was nicht sein darf, nicht sein kann?
Ich kenne eine Menge Menschen, die nicht so einfach in die Schablone Männlein/ Weiblein passen.
Da ihr Mann ja das Vorbild Lymonds sein soll, frage ich mich manchmal, bis zu welcher tiefe ging diese Vorbildwirkung?

M : : Nun ist das aber nicht alles so einfach wie e sich anhört, sondern hat auch in de Forschung heftige Diskussionen ausgelöst. In ihrem Buch "Gender Troubles" vertritt Judith Butler die These, dass die Identitäten der Geschlechter nichts natürlich Gegebenes sind, sondern sozial und sprachlich von jedem und jeder einzelnen immer neu aufgenommen und in Szene gesetzt werden. Die Neufassung des Verhältnisses von *sex* und *gender*, die mit Butler
zum festen Bestandteil der Geschlechtertheorie wurde, sieht beides *sex* und *gender* als kulturelle Konstrukte. Und sie sind nicht voneinander trennbar, da auch *sex* erst durch unsere kulturell bedingte Sichtweise seine Bedeutung erhält. *sex* entpuppt sich als *gender*, wie es Judith Butler formuliert hat.

C: Interessant. Was es auch zu bedenken gibt: wieviel des verhaltens, das als geschlechtstypisch gewertet wird, ist anerzogen. ich ziehe jetzt gerade einen kleinen jungen groß. er bekam kleine spielzeugautos geschenkt, kuscheltiere aber keine puppen. wird er mit den autos gern spielen, weil er sie schlicht primär serviert erhält oder weil es ihm mehr entspricht? mein neffe anton, 1,5 Jahre alt zB ist irrsinnig technisch interessiert, seit Kleinstalter schraubt er an allen elektrischen Geräten herum... typisch Junge, oder wurde es durch Ermunterung gefördert?

M : : Und was gilt hier jetzt für Dunnetts Helden? Haben die auch *Gender Troubles*?

: : Oh ja, und wie:

: : Bis zur Renaissance gab es, basierend auf Aristoteles und Galen ein "ein-Geschlecht-Modell", das besagte die Sexualorgane von Mann und Frau nicht prinzipiell unterschiedlich seien, dass vielmehr die "Natur der Frau" die nach innen gekehrten Geschlechtsteile des Mannes seien, Frauen also nach innen gekehrte und daher weniger vollkommene Männer seien.

M : :(...) Dabei bleibt nämlich unbeachtet, dass die Denkfigur einer Differenz zwischen Frauen und Männern selbst eine historische Konstruktion ist, jede Unterscheidung, egal ob zwischen Mann und Frau, schwarz und weiß, groß und klein, dünn und dick etc. immer schon eine kulturelle Ordnung voraussetzt, in der dies bedeutungsvolle Differenzen sind.
: : Menschen sollten also nicht als Gefangene der Strukturen, sondern als Agierende und Reagierende, als AkteurInnen betrachtet werden. So weist das Konzept des *doing gender* Männern wie Frauen *agency* (Handlungsfähigkeit) zu. (Man denke nur an Sybilla oder Christian) Gender wird in den alltäglichen Interaktionen zwar hervorgebracht, seine normative Bedeutung kann dabei jedoch sowohl bestätigt, verschoben oder auch umgedeutet werden.

: : Soviel zum ersten... und nun ab in das Katzenkörbchen...
: : Martine
C: dann schlaf mal gut nach dieser Großtat

C : Ich denke, dass Du hier einen sehr guten Überblick über die allgemeine Vorstellung von Geschlechterrollen gibst. Nämlich die Basis- das es Unterscheide in der Wahrnehmung gab, ob etwas typisch ist oder nicht.

C: Wenn wir jetzt zu Dunnett gehen, möchte ich zwei Figuren herausgreifen die ich besonders "untypisch" finde. Um die Position Dunnetts zu zeigen, bleibe ich einfach beim simpel gestrickten Bild des Mannes,d er hinaus geht ins feindliche Leben und das Weibchen, dass traulich Herd und Heim hütet (frei nach Schillers Glocke).

1. HoN- Gelis. Eine sehr untypische Frau (das ist nicht meine Meinung, sondern ich bewerte hier einfach nach den simplen Maßstäben). Aktiv, energetisch hoch, agiert in der Wirtschaft wie ein Mann, wettbewerbsorientiert (siehe ihr Kampf gegen niccolo, Verstand vor Gefühl, ehrgeizig usw. Das einzig typisch weibliche ist, dass sie ihren Körper benutzt um dinge zu erreichen. aber auf der anderen Seite setzt sie diesen Körper als Waffe ein- und ihre zwecke sind eher untypische. Sie will gerade nicht "nur geheiratet" werden.... im Unterschied zu Katelina, die ein typisch weibliches Verhalten zeigt( Kleiner Exkurs in Sachen Katlina- sie ist gefühlsbetont, folgt Neigungen und tritt auch in eine typisch weibliche Falle- sie wird schwanger und MUSS heiraten- auch wie sie den Ehemann fängt ist "typisch". Für mich ist Katelina bewußt als Kontrast zu Gelis männlichem mit ihrem ganz weiblichen (oder was so als weiblich akzeptiert wird/ wurde) Lebensentwurf (Spötter mögen sagen: der Mangel eines Lebensentwurfes, Blatt im Wind trifft es eher). Katelina reagiert mehr als das sie agiert.


C : Und dann natürlich LC (aus meiner Sicht) Lymond selber, der weibliche Züge hat. Seine Passivität- oder ist das nur meine Wahrnehmung?, diese Leidensfähigkeit, hohe Emotionalität- jedoch ist er auf der anderen Seite sehr rational. Er ist eben sehr androgyn, hat Züge beider Geschlechter.
Gutes Beispiel: der Beginn der tragischen Geschichte Lymonds: er wird von einer älteren Frau- Margaret Lennox verführt und von ihr kalkuliert als Bauernopfer gebracht. Er ist OPFER, danach reagiert er immer nur. Siehe auch seine Beziehung zu Gabriel- auch hier kann er nicht agieren, nur reagieren, weil Gabriel so hoch geachtet und angesehen ist, dass Ls Meinung nicht beachtet würde. Er ist häufig das Blümlein, das im verborgenen blüht- der Verkannte!

Genug geredet für heute...

sommerliche Grüße
Claudia



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