Re: romanhelden ff


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Abgeschickt von Martine am 06 Mai, 2002 um 12:13:08:

Antwort auf: Re: romanhelden ff von amicadd am 04 Mai, 2002 um 05:49:26:

Hallo amicadd,
(...) in welcher beziehung meinst du "europäer"? ... gemeinsamkeit des kulturellen erbes? wie ist dann die beziehung zwischen nicolaas und umar zu deuten?

Ich meine Europäer als „shifting between nations“. Im Prinzip würde das auch auf Umar zutreffen, der zwischen seiner afrikanischen und seiner europäischen Erfahrung hin und her driftet. Nur durch seine interkulturelle Erfahrung ist er ein DD-Held. Wie auch Lymond und Niccolò durch ihre „Nicht-Festgelegtheit“ auf eine einzige Kultur in der Lage sind, Toleranz und Offenheit gegenüber andern zu empfinden.
Mich fasziniert gerade dieses „shifting“ - ich benutze den englischen Ausdruck, es fällt mir kein adequater deutscher ein, tschuldigung –.

Zu Nicos und Umars Beziehung, beide Geister treffen sich in ihrer Wißbegierigkeit und ihrer Neugier auf das Fremde im anderen, sie spiegeln sich für mich ineinander.
Auch Lymond bietet für mich dieses Bild in seiner Fähigkeit sich in anderen Kulturen zu adaptieren ( Islam, Rußland; etc...) und in ihnen aufzugehen.

Ich habe mal gelesen der Nationalismus in seiner heutigen Ausprägung sei eine Erscheinung des 19ten Jahrhundersts. Vorher sie der Begriff der Nation oder des Volkes nicht mit dieser Art von dominantem Chauvinismus besetzt. Bis dahin wäre Nation kaum ein Begriff gewesen, der jemanden auf eine bestimmte geographische Zugehörigkeit festgelegt hätte, sondern eher eine Beschreibung für die Beziehung von Staaten untereinander. „Gleiche unter Gleichen“ sozusagen, ohne den Anspruch auf Dominanz.

Zugleich ist für mich interessant, dass viele DD-Protagonisten Urprünge in zwei Kulturen haben (Nicolas burgundisch und französisch, Lymond schottisch und französsich, Thorfinn gälisch und nordisch). Diese „Multikultimischung“ ist ungewöhnlich im Genre, und eines der DD-Themen ist die Hinwendung zur Aufgabe, zu einer Heimat. Sozusagen aus dem abenteuerlustigen „shifting“ der Vielfalt auszusteigen und sich (s)einer Sache zu verschreiben.

2.sicher, das volk ist der souverän (theorem).
aber mir ging es um die frage nach der organisationsstruktur innerhalb des demokratischen systems. so findet sich ja z.b. bei rousseau die feststellung:" es gibt überhaupt keine einfachen regierungssysteme." wenn es denn nur gemischte verfassungen gibt mit einer politisch herrschenden klasse (...wegschnippel...) dass aber in der führungsklasse mängel und unzulänglichkeiten verschiedenster art zu konstatieren sind, ist schmerzlich und unerträglich. ...und so kam mein schwenk auf die ly-figur zustande.

Nun, natürlich ist es unser Wunsch vom „Lieben Gott höchstpersönlich“ oder wenigstens von er „Allwissenden Gütigen Weisheit“ geführt zu werden, aber wir sind Menschen, meist auch noch mittelmäßige bzw, voller Fehler. Das demokratische System soll diese Mängel ja durch den Willen der Mehrheit ausgleichen. Aber wie sagte der von mir kritisch geliebte Schiller: „Das Sytem muß untergehen, wo Mehrheit siegt und Unverstand regiert“. (Demetrius)

(...)das bringt mich zu der beziehung von führung und gefolgschaft:
dd beschreibt eigentlich einen sehr gefährlichen mann in lc. so pocht er immer wieder auf seine unabhängigkeit (z.b. am ende von qp während der unterredung mit der königin :"...ich werde nicht immer kommen."). zum großen glück aller erweist er sich immer wieder als loyal.

Und das würde aber eine wirkliche Person, die ihrem eigen Nutzen unterworfen wäre nicht tun. Insofern ist Lymond natürlich ein Klischee, der Literatur, oder des Genres und die Idee hypothetisch. In der Wirklichkeit wäre mir diese Person höchst suspekt, da ich mich nicht auf deren Loyalität verlassen könnte, oder auf deren Einsicht in das höhere Wohl...

(...)aber dennoch stellt sich für mich die frage: kann sie ihn am leben lassen? ich denke da an die szene in dk, wo sie überlegt, ihn nicht mehr gewähren zu lassen, da er ihr seine truppe nicht direkt überlassen will. (...)
gibt es (oder müsste es sie geben) auch von ihrer seite aufrichtige treue ihm gegenüber?


Von ihrer Seite sicher nie. Sie ist in das politische System anders eingebunden als Lymond. Sie kann ihm nicht treu sein, das hieße Macchiavelli zu verraten, oder den eigenen politischen Willen den Gefühlen (hier=Vertrauen) oder der Loyalität zu einem Einzelnen unterzuordnen. Eine Idee , die den (Staats-) Philosophien so fern liegt wie uns die Zivilisationen in Alpha Centauri.
Maria de Guises Handeln wird bestimmt vom Nutzen an der sache, und vom Politischen, nicht von der Loyalität zu einer , wie auch immer brillianten Gefolgsmann. Dadurch beweist sie sich ja gerade als Politikerin.

(...) andererseits versichert ly immer wieder in wort und tat, dass die triebfeder seines tuns nicht sein EGO sei. Mir als politisch verantwortlicherwürde das nicht genügen angesichts des umstandes,dass ly zugibt, dass wir alle doch ein bisschen verrückt seien (qp).

Und Maria de Guise würde es sicher auch nicht genügen, sie ist durchaus bereit ihn in QP zu opfern als sein Rolle als Vervasal auffliegt. Das mag sie persönlich bedauern, politisch würde sie es voll rechtfertigen.

(...)welche rolle hat also die gefolgschaft?
in welcher form findet eine rückkopplung in ly statt? z.b. am ende von qp: stewart tot, gespräch zwischen phelim und ly ein kulminationspunkt: großartige leistung ,er ist
der "held des tages"; zugleich sein ihn erschütterndes versagen bei stewart, das obendrein in doppelter art und weise moralisch beurteilt wird: vom standpunkt des gemeinen mannes hat er - wie es heißt- "recht getan" (phelim). aber für ihn als führergestalt gilt eine abgehobene Norm moralischer ansprüche, denen er genügen muss. hier -so empfinde ich es- ist ly in der rolle eines lernenden, er ist nicht
der überragende führer - er hätte in der lage sein müssen, diesen knoten zu lösen - , dies lehrt ihn ein geringerer,was den genius angeht, aber entsprechend ly's eigener these, dass man kein genie zu sein brauche, um anderen etwas beizubringen (vgl. "sie benehmen sich wie ein kind" oder "ich lerne nicht"). was ist für mich die botschaft an den leser?- auch eine überragende führergestalt ist nicht statisch, auf dem Höhepunkt ihrer geistigen humanitären entwicklung angelangt, sondern sie ist immer auf dem weg zur sapientia und bedarf dabei der mentores, kann also nicht allein den weg der moralischen vervollkommnung voranschreiten??

Da wären wir schon weit über Lymond hinaus, Gerade bei Nicco haben wir die Rolle der Mentoren in Tobie und Godscalc viel deutlicher. Bei Lymond bleiben die Mentoren im Hintergrund, bzw, sind sie immer seiner Dominanz untergeordnet ( Ich denke an Adam oder an Phelim) Aber Lymonds innerer Zwist geht auch immer um die Verantwortung, der er nicht gerecht geworden ist, er hadert die ganze Zeit mit sich um den Tod seiner Freunde und um deren Opfer in seiner Gefolgschaft. Und er kann sich in seiner Egomanie(?) nicht vorstellen dass er rechtgetan hat. Das würde diesem Charakter nicht entsprechen.
Nicolas dagegen kennt den Unterschied genauso wenig wie er das Böse kennt und darum auch in seinem eigenen Handeln das Böse nicht erkennen kann. Seine Mentoren sehen in seiner Aktion am Ende von TLWL ihr eigenes Versagen und sind daher nicht mehr in der Lage, mit ihm zusammenzusein, bzw. ihn in ihrer Nähe zu ertragen.
alles quatsch oder?
Überhaupt nicht, sondern sehr interessant.

(...) apropos: "blut fließen" - wieso?

Ich könnte ihn nicht ertragen auf Dauer. Zwei Selbstdarsteller vertragen sich nicht. Diese Person mag ich als Hypothese gerne, aber in der Wirklichkeit würde ich sie nicht ausstehen können. Und ich fürchte er mich auch nicht.

(...)und warum sollte nicolaas ein langweiler sein? ich habe ihn bisher als weltoffenen, wissensbegierigen Menschen eingeschätzt.

Aber auch einen der Wissen gut verbirgt, es nicht zeigt. Er spielt allzu oft den Dummie, und das zu glaubhaft. Und ich würde mich täuschen lassen – und draufreinfallen.

und zu spaßverderbern:
Aber wir wollen dich doch nicht spoilern!
Grinz! Jedenfalls nicht willentlich!

Martine




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