Re: Frauen zu NIccos Zeiten


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Abgeschickt von Martine am 15 April, 2011 um 18:14:11:

Antwort auf: Frauen zu NIccos Zeiten von Grisel am 12 April, 2011 um 20:56:40:


Hallo Grisel,

als Historiker antworte ich dir mal mit einem deutlichen:
________________JA!________________________
Es gab diese Frauen. Wer es nicht glaubt, lese bitte die Briefe von Allessandra Strozzi, die auch in den HoN vorkommt.

Weitere herausragende weibliche Zeitgenossinnen Niccolos und Lymonds finden sich unter den Namen Angiussola, Medici, Farnese, de Pizan, Gracia Nasi, etc.

In zwischen ist die Tagebuchforschung auch etwas weiter gekommen, und es gibt auch publizierte Tagebücher und Briefe von Frauen aus den bürgerlichen Ständen, da aber erst (mit Ausnahme Strozzi) ab dem 16. Jahrhundert, da die Reformation indirekt das Tagebuchschreiben befördert hat.

Es gibt sogar die These, dass die literarische Bildung und insbesondere das Lesen und Schreiben ab dem Mittelalter eher die Sache der haushaltführenden Frauen gewesen ist.

Allessandra weist in ihren Briefen u.a. darauf hin, wenn sie für Ihre Söhne Bräute ausguckt, dass die lesen, schreiben und rechnen können.

Die dumme Vorstellung (Verzeihung), dass Frauen als gottergebene Gebärkuh nur zu Hause im Brei-Topf gerührt haben und ihr Schicksal stumm ertrugen, trifft für damals ebensowenig zu wie für heute.

Frauen hatten Anteil am täglichen Leben, spielten in der Öffentlichkeit eine Rolle und waren ganz und gar nicht so unsichtbar wie es gern dargestellt wird. Frauen übten Berufe aus, in einigen Zünften waren Frauen zugelassen, z. B. Brauerei, Goldschmiedehandwerk.
Zusätzlich gab es bis in das 17. Jahrhundert den Frauenberuf der Kopistin, d. h. da haben Frauen als selbständige Schreiberinnen für Auftraggeber Bücher kopiert, u. a. für Juristen, adelige Auftraggeber, Universitäten.

Erst das 19. Jahrhundert hat dann seine eigenen Vorstellungen über das „schwache“ Geschlecht auf die vergangenen Zeiten projiziert, und das blieb so, bis sich die Genderforschung an den Unis durchsetzte.

Ein Punkt der diese lange Verblendung mit förderte, war der rechtliche Status von Frauen in der frühen Neuzeit, den man dann auf alle Bereiche einfach überschrieb. Frauen, wie z. B. Marian, brauchten einen „Alibi“-Mann, für die Geschäfte. Sie hat daher Julius, der in ihrem Auftrag die juristische Seite des Hauses vertritt, bis Felix übernehmen kann.

Alessandra hatte dafür ihren etwas minderbemittelten Halbbruder im Haus, der dort so gut wie nix zu sagen hatte, aber sein Rolle als „Der Mann“ hervorragend in ihrem Sinne erfüllte. Verhandelt hat sie mit den betreffenden Personen immer selbst.

Literatur gefällig?

*Wunder, Heide: „Er ist die Sonn‘, sie ist der Mond“. Frauen in der Frühen Neuzeit, München 1992.

*Stedman, Gesa (Hrsg.) Englische Frauen der Frühen Neuzeit. Dichterinnen, Malerinnen, Mäzeninnen, Darmstadt 2001

*Zimmermann, Margarete, Böhm, Roswitha: Französische Frauen der Frühen Neuzeit. Dichterinnen - Malerinnen - Mäzeninnen , Darmstadt 1999

*Osols-Wehden, Irmgard (Hrsg):
Frauen der italienischen Renaissance: Dichterinnen, Malerinnen, Mäzeninnen, Darmstadt 1999

Bonnat, Anne-Marie, Schellewand, Barbara:
Frauen in der Frühen Neuzeit. Lebensentwürfe in Kunst und Literatur, Böhlau 2004

Vogel, Barbara/ Ulrike Weckel (Hrsg.): Frauen in der Ständegesellschaft. Leben und Arbeiten in der Stadt vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit, Hamburg 1991

Bock, Gisela: Geschichte, Frauengeschichte, Geschlechtergeschichte, in: Geschichte und Gesellschaft 14 (1988), S. 364-91

*Bock, Gisela u. Margarete Zimmermann (Hrsg.): Die europäische Querelle des Femmes. Geschlechterdebatten seit dem 15. Jahrhundert, Stuttgart 1997.

*Duby, Georges u. Michelle Perrot (Hrsg.): Geschichte der Frauen, 5 Bde., Frankfurt/Main 1992-1995.

*Hufton, Olwen: Frauenleben. Eine europäische Geschichte 1500-1800, Frankfurt/Main 1998.

Ozment, Steven: Magdalene und Balthasar. Briefwechsel der Eheleute Paumgartner aus der Lebenswelt des 16. Jahrhunderts, Frankfurt/M. 1989

Richarz, Monika (Hrsg.): Die Welt der Glikl. Jüdische Existenz in der Frühen Neuzeit,
Hamburg 2000.

Alfing, Sabine/ Christine Schedensack: Frauenalltag im frühneuzeitlichen Münster, Bielefeld 1994


Die mit Stern gekennzeichneten Bücher sind Grundlagenliteratur.

Gruß Martine




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